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Dr. Anna Hamburger (5. Juni 1873 - 20. Januar 1942)

Anna Hamburger wurde am 5. Juni 1873 in Breslau geboren, wo sie die städtische höhere Töchterschule „Augustaschule“ besucht und dann einige Jahre als Hospitantin an den Fortbildungskursen der Zimpelschen Höheren Töchterschule teilgenommen hat. 1900 legte sie am Königlichen Realgymnasium zu Reichenbach in Schlesien die Reifeprüfung ab.
Danach nahm sie als Gasthörerin ein Studium der Chemie, Physik, Mathematik und Philosophie an der Universität Breslau auf. 1903 immatrikulierte sie sich an der Universität Heidelberg in Naturwissenschaften. 1906 wurde sie an der Universität Breslau promoviert, und im Jahr darauf bestand sie das Staatsexamen in Chemie, Mineralogie und philosophischer Propädeutik für die Oberstufe und in Physik und reiner Mathematik für die Unterstufe.

Anna Hamburger zog nach Heidelberg und trat eine Stelle an der Elisabethschule in Mannheim an. Als im Jahr 1911 aus der Elisabethschule heraus die Liselotteschule als zweites Mädchengymnasium in Mannheim gegründet und ein Teil des Lehrkörpers dorthin versetzt wurde, war darunter auch Anna Hamburger. Im Mai 1912 bewarb sie sich um die ausgeschriebene Professorenstelle und wurde am 30. Juli 1912 durch den Großherzog zum Professor ernannt. Vermutlich war sie die erste Professorin an einer weiterführenden Mädchenschule in Baden.

Anna Hamburger war sehr um ihre eigene Weiterbildung bemüht, sie besuchte Ferienkurse, Tagungen und ist im Wintersemester 1919/20 als Hörerin einer Vorlesung über Relativitätstheorie aufgeführt. Alle in der Personalakte überlieferten Beurteilungen weisen sie als eine erfahrene und kenntnisreiche, vorbildlich fleißige Lehrerin aus.

Am 7. April 1933 wurde Anna Hamburger mit sofortiger Wirkung auf Grundlage des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums beurlaubt, doch im Mai 1933 wieder „in ihren Dienst eingewiesen“, da sie seit 1914 ununterbrochen Beamtin gewesen wäre. Sie stellte im März 1934 den Antrag, zum Schuljahresende in den Ruhestand versetzt zu werden. Sie und ihre Schwester bemühten sich um die Ausreise. Doch am 22. Oktober 1940 wurden sie wie viele andere jüdische Menschen aus Baden nach Gurs in Frankreich deportiert und lebten dort unter dramatischen Verhältnissen. Trotzdem kümmerten sie sich intensiv um die Mitinternierten. Mit Unterstützung eines entfernten Verwandten gelang ihnen 1941 die Auswanderung in die U.S.A.

Anna Hamburger starb allerdings bereits am 20. Januar 1942 in Alameda County (Kalifornien).

Literatur: Gisela Boeck und Eva Herrmann-Dresel: "Jüdische Chemikerinnen zur Zeit des Nationalsozialismus" in: Nachrichten aus der Chemie 70, 2022